Mangelverwaltung

Müssen wir den Ärzteschwund wirklich hinnehmen?

(29.04.2024) „Es ist immer dieselbe Leier“, konstatiert Dr. Ulrich Tappe vom Berufsverband der niedergelassenen Magen-Darm-Ärzte (bng), „Unter finanziellem Druck entdecken Gesundheitsminister Knappheit im Gesundheitswesen und reagieren mit Mangelverwaltung. Statt vorhandene Ressourcen zu heben und zu nutzen, fällt auch Minister Lauterbach nichts anders ein, als über einen Zwang zum Strukturwandel zu lamentieren, weil wir die Strukturen angeblich personell nicht mehr füllen können.“

Anlässlich der Übergabe des Gutachtens des Sachverständigenrats am vergangenen Donnerstag in Berlin prognostizierte der Bundesgesundheitsminister, dass uns in den nächsten zehn Jahren wahrscheinlich 50.000 Ärztinnen und Ärzte fehlen werden. Schuld daran sind nach seiner Meinung natürlich die Anderen: Seine Vorgänger und die Länder, die nicht dafür gesorgt haben, dass in den letzten zehn Jahren ausreichend Mediziner ausgebildet worden sind.

„Tatsache ist aber auch“, so Dr. Tappe, „dass viele abgehende Mediziner Teilzeitbeschäftigungen suchen, die unter der Maßgabe von Leistungsbudgets in niedergelassenen Praxen nur mit Abstrichen zusätzlich angeboten werden können. Tatsache ist auch, dass viele Vertragsärzte darüber nachdenken, ihre Praxis vorzeitig aufzugeben, weil sie die fortwährenden Gängeleien und Stolpersteine der täglichen Versorgungspraxis einfach leid sind. Und Tatsache ist auch, dass die Studierenden im Rahmen ihrer Ausbildung so gut wie überhaupt nicht an die ambulanten Versorgungsstrukturen herangeführt werden. Sie kennen sie nicht und deshalb ist eine freiberufliche ärztliche Tätigkeit für sie oft gar keine Option.“

Die Alternativen zur Mangelverwaltung liegen auf dem Tisch: Abschaffung der Budgetierung auch im fachärztlichen Bereich, eine Abschaffung der Regresse über den Bagatellbereich hinaus, eine schnelle und faire Umsetzung der Ambulantisierung und die Finanzierung einer Weiterbildungsstrategie für die kassenärztliche Versorgung. „Wir können viel tun, um die etablierten und bewährten Strukturen zu füllen“, meint Dr. Tappe. „Es gibt keinen Anlass, die Flinte ins Korn zu werfen, wie es der Minister tut.“